Northeim – Ein neuer Seniorenrat wird in der Stadt Northeim am 9. November gewählt. Es wird die zehnte Interessenvertretung der alten Menschen in der Kreisstadt sein. Seit neun Jahren ist Dr. Immo Lawaczeck dabei und führt als Vorsitzender seit 2012 das Parlament der Northeimer Senioren.
Gegründet wurde der Seniorenrat Northeim im Jahr 1974 als einer der ersten Interessenvertretungen alter Menschen in Niedersachsen, ja bundesweit. Was waren die Ziele damals und was hat sich in der Zielsetzung bis heute verändert?
Dr. Lawaczeck: An den grundsätzlichen Zielen hat sich nichts geändert: Ein bisschen mehr Verständnis für die Alten, aber auch ein deutliches Mehr an Toleranz auf unserer Seite. Nur miteinander lassen sich die Probleme lösen. Gegeneinander wachsen sie ins Unermessliche.
Schön philosophisch ausgedrückt. Aber gab es keinen sachlich themenbezogenen Anlass für die Gründung des Seniorenrates?
Dr. Lawaczeck: Richtig, den gab es. Es gab in Northeim zu der Zeit keine Altenbegegnungsstätte und erst recht kein Altenzentrum. Auch seniorengerechte Altenwohnungen waren Mangelware. Also machte sich der Seniorenrat daran, quasi als Bauverein ein solches Altenzentrum zu planen. Mit Wohnungen, Begegnungsstätten und einem Kindergarten.
Was ist daraus geworden?
Dr. Lawaczeck: Das war ja lange vor meiner Zeit. Aber ich weiß, dass es große Schwierigkeiten gab und wohl auch der politische Wille für ein solches Mammut-Zukunftsprojekt. Was wir bekommen haben, ist ein Altenzentrum in der Alten Wache am Markt mit einer bis heute lebendigen Begegnungsstätte.
Und heute? Was hat sich in der Aufgabenstellung geändert?
Dr. Lawaczeck: Der erste Seniorenrat bestand aus berufenen Mitgliedern aus Wohlfahrtsorganisationen, gemeinnützigen Einrichtungen und Vertretern des Stadtrates. Die umliegenden Gemeinden formierten sich erst allmählich zu Ortsteilen der Kreisstadt und waren noch nicht im Seniorenrat präsent. Heute sind sie es: Der Kernstadt stellt zehn Mitglieder im Seniorenrat, die Ortschaften fünf. Neu bei dieser Wahl ist, dass die Seniorenratsmitglieder nicht mehr von einer Delegiertenversammlung gewählt werden, sondern von Frauen und Männer, die von Verbänden, Organisationen und Vereinen, die aktive Altenarbeit betreiben, als Kandidaten in die Wahlversammlung entsandt werden. Die Anmeldefrist für die Kandidatinnen und Kandidaten endet am 8. Oktober. Bis dahin müssen die Namen der Stadtverwaltung gemeldet sein.
Was unterscheidet die Seniorengeneration von 1974 von der der Zwanziger Jahre des 21. Jahrhunderts?
Dr. Lawaczeck: Das 21. Jahrhundert verlangt eine andere Form der Altenarbeit. weil viele über 60-Jährige , die fit und weitgehend gesund sind, sich als Senioren – noch – nicht angesprochen fühlen. Vielleicht wollen Senioren heute weniger als abgegrenzte Gruppe betrachtet und beschäftigt werden, sondern mit ihren Aktivitäten, Interessen und ihrem Engagement mitten in der Gesellschaft stehen. Das ist es, was eine Gemeinschaft zusammenhält: Jeder tut, was er kann!
Wie hat sich denn die Arbeit des Seniorenrates in der zu Ende gehenden Wahlperiode an dieser Erkenntnis orientiert?
Dr. Lawaczeck: Wir mussten einmal mehr feststellen, dass die Arbeit des Seniorenrates einem Bohren dicker Bretter mit ganz kleinen Bohrern gleicht. Wir haben unaufhörlich gebohrt und auch kleine Ziele erreicht. Aber der Seniorenrat ist kein finanzstarker Kampfverband. Wir sind immer wieder auf das Wohlwollen und den guten Willen von Behörden, Verwaltungen, Firmen und Betrieben angewiesen, wenn wir auf Missstände hinweisen, deren Beseitigung alten Menschen das Leben erleichtert.
Geht es auch etwas konkreter?
Dr. Lawaczeck: Die Arbeit des Seniorenrates in den vergangenen vier Jahren war geprägt von drei zentralen Themen: Zum einen in dem Bemühen, die in Teilen katastrophale Situation öffentlicher Bedürfniseinrichtungen in der Stadt Northeim in Zahl und Zustand zu verbessern. Zum anderen in dem Bestreben, den öffentlichen Personennahverkehr den in dieser Hinsicht stark benachteiligten Menschen ohne eigenen Pkw in den Northeimer Ortsteilen und in den Wohnquartier-Randbereichen der Kreisstadt durch ein ehrenamtliches Bürgerbus-System und Sammeltaxis zu ergänzen, um dieser Bevölkerungsgruppe sowohl am Tage, als auch in den Abendstunden eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in der Innenstadt zu ermöglichen. Zum Dritten schließlich die Corona-Pandemie mit all ihren Auswirkungen für die Generationen der älteren Menschen.
Und, was haben Sie erreicht?
Dr. Lawaczeck: Wir haben auf Missstände aufmerksam gemacht, haben Themen angesprochen und Dinge angeschoben. Die Toilettensituation hat sich in Teilen leicht verbessert, die Ergänzung des ÖPNV hängt ab von der noch nicht vorliegenden Machbarkeitsstudie und die Folgen der Pandemie sind auch noch nicht aufgearbeitet. Es gibt also für den nächsten Seniorenrat noch viel zu tun.