Prudnik (Polen)
ehem. Neustadt / Oberschlesien
Partnerstadt seit dem 26.03.1990
Internet: www.prudnik.pl
Die Partnerschaft mit Prudnik
Von der Patenstadt zur Partnerstadt
Am 12. Dezember 1989 wurde eine Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit von Northeim und Prudnik in Prudnik paraphiert und am 26. März 1990 in Northeim unterzeichnet. Bereits im Jahr 1978 hatte sich der damalige Superintendent Karl-Hans Schnell in einer Rede zum Volkstrauertag für eine offizielle Städtepartnerschaft der deutschen und der polnischen Stadt, im ehemaligen Schlesien, in visionärer Weise eingesetzt. Als Vorbild einer Zusammenarbeit für den Frieden in Europa und als ein Symbol für Versöhnung nach schweren Zeiten bezeichnete er die funktionierende Städtepartnerschaft mit der französischen Stadt Tourlaville. Nachdem im Jahr 1983 junge evangelische Christen als "Europa-Pioniere" mit K. H. Schnell im Rahmen der Aktion "Sühnezeichen" in die Volksrepublik Polen und dabei auch nach Prudnik gereist waren, konnte der Gottesmann den damaligen Bürgermeister Balcerkowski für seine Friedensmission, "eine gegenseitige, gleichberechtigte Partnerschaft zu begründen und zu entwickeln", begeistern.
Vor dem Hintergrund der geleisteten Vorarbeit der Kirche wurde in der Northeimer Ratssitzung vom 24.Oktober 1983 erstmals der politische Wille zum Eingehen einer Städtepartnerschaft mit einer osteuropäischen Stadt bekundet. Trotz der Absichtserklärung blieb es bei den kirchlichen Kontakten, bis der polnische Bischof Nossol im Jahr 1988 Northeim besuchte und Verwaltungsausschussmitgliedern Wege aufzeigte, wie die Beziehungen zu Prudnik vertieft werden könnten und wie der Einstieg in eine vertragliche Partnerschaft zu organisieren sei. Der Beginn für ein Mosaik des guten Willens geht auf das Jahr 1970 zurück, der damalige Bundeskanzler Brandt unterzeichnete den sogenannten "Warschauer Vertrag". Als Durchbruch mag die gemeinsame Erklärung des deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl und des polnischen Ministerpräsidenten Tadeusz Mazowiecki vom 14. November 1989 gewertet werden.
Die besondere Qualität der Städtepartnerschaft zwischen Northeim und Prudnik liegt in den Wurzeln, in der Vorgeschichte: Die polnische Stadt Prudnik hieß vor dem Zweiten Weltkrieg "Neustadt", sie lag in Oberschlesien. Für die Vertriebenen, organisiert in der "Bundesheimatgruppe Neustadt/OS", hatte die Stadt Northeim die "Patenschaft" übernommen. Nach intensiven und offenen Verhandlungen zwischen der Stadt Northeim und der Bundesheimatgruppe teilte deren Vorsitzender, Hajo Hoffmann, am 19. Januar 1990 der Stadt Northeim schriftlich mit, dass man der geplanten Vereinbarung als Grundlage der Partnerschaft zustimmen werde, wenn die Patenschaft wie in den vergangenen 38 Jahren weiter praktiziert würde, also die Patenschaft zum Kreis Neustadt / OS nicht berührt und betroffen sei. Gleichsam zum ersten Male stimmte die polnische Regierung einem Partnerschaftsabkommen mit einer deutschen Stadt zu, die sich gebunden durch eine "offizielle Patenschaft" für die ehemaligen deutschen Bewohner dieser Stadt engagierte. Die historische Chance hatte auch Hajo Hoffmann erkannt, er schrieb: "Es ist das erste Mal in der Bundesrepublik Deutschland, dass eine Patenschaft und eine Partnerschaft - gleich einem magischen Dreieck - zusammentreffen. Wir hoffen, dass dies ein echter Beitrag für Verständigung und Frieden ist".
Durch die "Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Northeim/Niedersachsen in der Bundesrepublik Deutschland und der Stadt Prudnik (früher Neustadt) in der Republik Polen" sollte eine erfolgreiche Kooperation in den Bereichen, Wirtschaft, Wohnungsbau, Denkmalschutz, Umweltschutz, Kultur, Bildung, Sport und Tourismus möglich werden.
Die Northeimer Partnerstadt Prudnik hat ca. 33.600 Einwohner. Sie liegt im Südwesten der Polnischen Republik direkt an der tschechischen Grenze. Die Lage am östlichen Rand der Sudeten, in unmittelbarer Nähe verschiedener Mittelgebirgsketten ("Altvatergebirge") hat durchaus nicht nur touristisches Potenzial: Durch die erfolgte EU-Erweiterung tangiert eine nicht unbedeutende Verkehrsader einer neuen Ost-West-Verbindung Prudnik. Die Entfernung von Northeim nach Prudnik beträgt ca. 700 Kilometer, bei den schlechten Straßenverhältnissen und der zögernden Abfertigung an der Grenze bis 2002 musste man mit einer Fahrtzeit von mehr als 10 Stunden rechnen. Heute schreitet der Ausbau der Autobahnen und Landstraßen zügig voran, man kann Prudnik schon in 7 Stunden erreichen. Eine Reise mit dem Zug über Kassel, Eisenach, Dresden und Wroclaw (Breslau) dauert ca. 10 Stunden.
Vielfalt der Begegnungen
Der Beschluss der Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen Northeim und Prudnik vom 6.März 1990 und der nachfolgende Besuch einer Prudniker Ratsdelegation in Northeim können als historische Ouvertüre für zahlreiche nachfolgende offizielle Kontakte gewertet werden: Bisher gab es knapp 140 Begegnungen hüben und drüben. Jenseits der institutionalisierten Begegnungen von Menschen wurde das Engagement der Stadt Northeim bei der Renovierung des historischen Brunnens am Markt freudig registriert und der Beistand in der Not, während des großen Hochwassers im Jahr 1997, bleibt in Prudnik unvergessen. Mit Spendenmitteln aus Northeim wurde im Juli 2006 ein Sportzentrum in Niemyslowice eingeweiht.
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